Epigenetik: Wie Umwelt und Lebensstil unsere Gene beeinflussen

Ein Mann eilt in einer Stadt über eine Straße. Die Epigenetik zeigt, dass Stress und Feinstaub das Erbgut verändern können.
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Veröffentlicht: 05/09/2025
Zuletzt aktualisiert: 05/09/2025

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Lange Zeit wurde angenommen, dass unsere Gene festlegen, wer wir sind und wie gesund wir sind. Doch die Wissenschaft hat mit der Epigenetik etwas viel Spannenderes entdeckt: Neben der DNA sind auch die Lebensweise und die Umwelt wichtig dafür, wie aktiv unsere Gene sind. Dabei verändert sich die DNA selbst nicht. Dieser Artikel erklärt, was Epigenetik ist, wie Umweltfaktoren die DNA-Methylierung verändern und gesunde Gewohnheiten dabei helfen können, die Genaktivität positiv zu steuern.

Was ist das Wichtigste zur Epigenetik auf einen Blick?

  • Bedeutung: Die Epigenetik zeigt, dass Umweltfaktoren Gene an- oder abschalten können, ohne die DNA zu verändern.
  • Funktion: Die Lebensweise und die Umwelt hinterlassen mit der Methylierung chemische Spuren, die unsere Gesundheit beeinflussen.
  • Faktoren: Sie können Prädispositionen mithilfe von Essen, Schlaf oder Sport auch positiv beeinflussen.

Was ist Epigenetik, einfach erklärt?

Die Epigenetik ist ein noch junges Teilgebiet der Biologie und untersucht, wie Umwelt und tägliche Gewohnheit bestimmen, ob einzelne Gene in einer Zelle eingeschaltet oder ausgeschaltet sind. Epigenetischen Veränderungen entstehen, wenn das Erbgut bestimmte chemische Markierungen erhält und Methylgruppen bindet. Die Markierungen bestimmen, wie das Epigenom die DNA-Sequenz abliest, ohne das Erbgut selbst zu verändern. Sie bleiben bei Zellteilungen oft erhalten und können durch Vererbung sogar an die nächste Generation weitergegeben werden.

Ein anschauliches Beispiel: Man kann sich die DNA wie ein Klavier vorstellen. Die Tasten bleiben immer gleich. Das epigenetische Prinzip entscheidet aber, welche Tasten laut, leise oder gar nicht gespielt werden. So beeinflusst das „epigenetische Klavierspiel“, wie Gene zu jedem Zeitpunkt arbeiten, obwohl das „Instrument“ (die DNA) gleich bleibt.

Neben der DNA-Methylierung gibt es noch weitere Mechanismen. Histonen Modifikationen verändern Eiweiße, um die die DNA im Zellkern gewickelt ist. Zudem kann die Zelle nicht-kodierende RNA-Moleküle herstellen, die selbst keine Proteine bilden, aber beeinflussen, welche Gene gelesen werden.

Wie beeinflusst der Lebensstil epigenetische Veränderungen?

Unsere täglichen Entscheidungen und Umwelteinflüsse hinterlassen Spuren auf den Genen. Sie wirken wie kleine Schalter, die Gene ein- oder ausschalten, und können unsere Gesundheit langfristig prägen. Epigenetische Modifikationen werden unter anderem durch diese Faktoren beeinflusst:

  • Ernährung: Was wir essen, kann die Expression unserer Gene beeinflussen. Eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse, Fisch oder Brokkoli unterstützt gesunde Modifikationen. Zu viel Zucker, Fast Food oder ein Nährstoffmangel können dagegen Entzündungen, Diabetes oder Krebs fördern. Die Nutrigenetik erforscht, wie die Reaktion des Körpers auf bestimmte Nährstoffe durch die DNA beeinflusst wird.
  • Bewegung: Sport und Bewegung können Gene aktivieren, die für einen besseren Stoffwechsel, Insulinsensitivität und starke Muskeln sorgen. Wer kaum aktiv ist, unterstützt dagegen epigenetisch Muster, die zur Einlagerung von Fett, Entzündungen oder zu einem verlangsamten Stoffwechsel führt.
  • Rauchen: Die enthaltenen Schadstoffe in Tabak wie Nikotin und Teer können die DNA schädigen und Gene verändern, die Zellwachstum, -heilung und -sterben aktivieren, sodass Krebs, Gewebeschäden und eine verlangsamte Heilung begünstigt werden.
  • Alkohol: Zu viel Alkohol kann sich auf Gene auswirken, die Neurotransmitter und die Gehirnentwicklung steuern. Das erhöht das Risiko für kognitive Probleme, Abhängigkeiten, Stimmungsstörungen sowie Leberschäden und andere Krankheiten erhöhen.

Wie beeinflusst die Umwelt die Genexpression?

Auch die Umwelt ist an epigenetischer Modifikation beteiligt. Was uns umgibt, wirkt sich zum Beispiel folgendermaßen auf die Aktivität unserer Gene aus:

  • Luftverschmutzung: Wie das Umweltbundesamt berichtet, können Schadstoffe Markierungen auf der DNA verändern und Auswirkungen auf die Expression von microRNAs haben. Dadurch steigt das Risiko für Asthma, Herzkrankheiten oder Krebs – sogar unterhalb der europäischen Grenzwerte.
  • Chemikalien: Pestizide oder Schwermetalle können sich negativ auf krankmachende oder schützende Gene auswirken.
  • Strahlung: Zu viel UV-Strahlung durch die Sonne, Röntgen- oder andere Formen von Strahlung können Zellen schneller altern oder entarten lassen. Die Auswirkungen werden beispielsweise auf der Haut oder im biologischen Alter sichtbar.

Können Stress und Lebenserfahrung die Epigenetik ändern?

Der Körper und die Psyche sind eng verbunden. Lang anhaltender Stress kann also epigenetischen Markierungen auf der DNA verändern und die Stimmung, das Gedächtnis oder die Funktion des Immunsystems beeinflussen. Auch die Erfahrungen während der Schwangerschaft oder in der frühen Kindheit, Trauma und Ernährung können dauerhafte epigenetischen Veränderungen hervorrufen und sogar an die nächsten Generationen vererbt werden.

Hormonveränderungen – etwa in der Pubertät, Schwangerschaft oder in den Wechseljahren – lösen ebenfalls epigenetische Prozesse aus, die unsere Entwicklung, den Stoffwechsel oder die Gesundheit beeinflussen.

Welche Folgen haben epigenetische Modifizierungen für die Gesundheit?

Epigenetische Veränderungen können Gene deaktivieren, die vor Krankheiten schützen. Umgekehrt können sie Gene einschalten, die Zellwachstum oder Entzündungen fördern. Deshalb spielen sie bei der Entstehung vieler Krankheiten eine Rolle, etwa bei Krebs, Diabetes, Herzkrankheiten oder psychische Störungen. Wie gut unser Körper Infektionen abwehrt oder wie er auf Medikamente anspricht, kann ebenfalls durch äußere Faktoren beeinflusst werden.

Wie steuert die Epigenetik Entwicklung und Wachstum?

Epigenetische Mechanismen sorgen dafür, dass Stammzellen die Anleitung bekommen, um zu spezialisierten Zellen werden, zum Beispiel Nerven-, Muskel- oder Hautzellen. Die Epigenetik entscheidet, welche Gene zu welchem Zeitpunkt „eingeschaltet“ werden, damit Organe und Körperteile richtig wachsen.

Gerade in der Schwangerschaft und Kindheit wirken epigenetische Prozesse besonders stark. Sie haben während des gesamten Lebens einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit. 

Wie kann ich meine Gene vor schädlichen Umwelteinflüssen schützen?

Sie können zwar nicht Ihre DNA ändern, aber epigenetisch Einfluss darauf nehmen, welche Gene ausgeprägt sind. So haben Sie viele Möglichkeiten, um die Aktivität von Genen im Alltag günstig zu beeinflussen, beispielsweise mit diesen Tipps:

  • Ernähren Sie sich gut: Essen Sie vitamin- und mineralstoffreiche Nahrung, also viel Obst und Gemüse mit Folsäure und B-Vitaminen.
  • Bleiben Sie aktiv: Regelmäßige Bewegung aktiviert positive epigenetische Prozesse für den Stoffwechsel, Energiehaushalt und die Muskeln.
  • Regulieren Sie Stress: Achtsamkeit, Sport oder Entspannungstechniken helfen beim Entspannen.
  • Vermeiden Sie schädliche Substanzen: Vermeiden Sie möglichst Rauchen, viel Alkohol und den Kontakt zu anderen Schadstoffen.
  • Schlafen Sie ausreichend: Während eines gesunden Schlafs können sich die Zellen regenerieren.

So bringt die Epigenetik die klassische Genetik mit der Umwelt und unserem Lebensstil zusammen. Sie zeigt, wie eng unsere Gewohnheiten mit der Aktivität der Gene verbunden sind und wie viel wir selbst für unsere Gesundheit tun können.

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